Politik und Promotion – Schweizer Ausgabe

Seit gestern Abend wird nun auch in der Schweizer Politik über die Zulässigkeit oder fehlende Qualität von Doktorarbeiten im Zusammenhang mit der Politik diskutiert. Wie so oft in Helvetien wirkt (zumindest für den Moment) alles etwas kleiner, harmloser und weniger dramatisch. Die grosse Frage ist: Geht es um Politik oder die Qualität von Dissertationen in der Medizin. [Weiterlesen bei zoon politikon auf scienceblogs.de]


Doktortitel aberkannt, wir sollten mehr über die Betreuungssituation reden

Was ist faul, wenn Doktortitel aberkannt werden, nur die Betrüger? Ein Kommentar.

Es geht nicht an, wenn jemand wegen gravierender wissenschaftlicher Mängel seinen Doktortitel entzogen bekommt – wovon wir im aktuellen Fall Graf ausgehen dürfen, diesen Vorgang aber nicht mit einem freiwilligen „abgeben“ verwechseln sollten – und dann meint, noch eine Vertrauensfrage stellen zu können. Soweit sind wir also. Weiterlesen bei Markus A. Dahlem auf Scilogs.


Universität Potsdam entlastet Althusmann

Anfang September habe ich mir die Dokumentation angesehen, auf deren Grundlage die ZEIT den niedersächsischen Bildungsminister und Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, Bernd Althusmann, des Plagiats beschuldigt hat. Mein Urteil damals lautete: „Nicht schuldig“.

Die Dissertation von Althusmann (bzw. die untersuchte Stichprobe im Umfang von zwei Kapiteln) ließ zwar nur sehr begrenzte gedankliche Eigenleistungen erkennen und sie enthielt eine Vielzahl von Stellen, bei denen der Autor sich inhaltlich kaum von der zitierten Literatur löst. Aber, so schrieb ich damals, Den Rest des Beitrags lesen »


Neues von Karl-Theodor zu Guttenberg

Vielleicht erinnert sich noch jemand an den Fall Guttenberg. Er war das erste prominente und sicher bisher am tiefsten gefallene Opfer der diversen Plagiatsaffären der letzten Monate. Nun gibt es neues zu berichten: Guttenberg ist bei einem US Think Tank untergekommen wo er mithelfen soll die transatlantischen Beziehungen zu verbessern. Es gibt gar Gerüchte, dass er sich an eine echte Dissertation zu setzen plant. Ausserdem wird er verdächtigt, die Apokalypse einzuleiten (nein, das ist nicht metaphorisch gemeint). Ein paar Gedanken dazu.

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Institutionalisierte Wissenschaft Reloaded

Am 15./16. Oktober 2011 fand in Kassel die openmind 11 statt, auf der die Piratenpartei sich schon zum zweiten Mal traf, um gemeinsam mit externen Gästen Gesellschaftsvisionen für das Zeitalter des Internets zu entwickeln. Einer dieser Gäste war ich, und ich habe die offene und intensive Gesprächsatmosphäre genutzt, um einmal etwas freier und grundsätzlicher über die Lehren aus den aktuellen Plagiatsskandalen nachzudenken. Eine überarbeitete Version meines Vortrags ist jetzt bei Telepolis erschienen:

Die Promotionsbetrüger aus Politik und Wirtschaft, mit denen sich die deutschen Universitäten seit Anfang des Jahres dank der unermüdlichen Arbeit der Plagiatdokumentare von GuttenPlag und VroniPlag herumschlagen müssen, werden von der Wissenschaft relativ einmütig als Anomalien dargestellt – als Menschen, die beträchtliche kriminelle Energie aufwenden, um ein eigentlich gutes und gut funktionierendes System wissenschaftlicher Qualifikationen zu ihrem Vorteil zu verdrehen.

Und rein zahlenmäßig dürften es tatsächlich Anomalien […] Aber dass eine besondere kriminelle Energie nötig ist, um das System auszuhebeln, glaube ich nicht.

Denn die institutionalisierte Wissenschaft selbst – konkret, das System der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle – versagt hier auf eine vorhersehbare, in diesem System selbst angelegte Art und Weise.  [Bei TELEPOLIS weiterlesen]


Von der Geringschätzung der Titeljäger für die Doktorarbeit

Ein Doktorarbeit ist oft ein einsames Unterfangen. Trotzdem kämpfen sich viele durch. Nicht primär für den Titel, sondern für die Sache. Man möchte einen Forschungsbeitrag leisten. Bei den Titeljägern geht es aber darum mit einem Minimum an Aufwand sich mit dem Titel schmücken zu können und somit indirekt vom Ruf, den andere erarbeitet haben, zu profitieren. Bei zoon politikon habe ich mir anhand von zwei Beispielen zu Forschungsinterviewanfragen dazu Gedanken gemacht: Eine habe ich selber gestellt und sie führte mich in die Korridore der US Handelsadministration und die andere hat ein Freund von mir an die jetzige Bundesministerin Kristina Schröder (damals noch Köhler) gestellt.

Zum Eintrag bei zoon politikon.


Review: Citation-based Plagiarism Detection

Die Kollegen Bela Gipp, Norman Meuschke und Joeran Beel von der UC Berkeley haben eine neue Technik zum Detektieren von Plagiaten vorgeschlagen, die weder auf string matching-, fingerprinting- oder style comparison-Strategien beruht und daher interessant genug ist, um hier besprochen zu werden: citation-based plagiarism detection (CbPD) scheint in systematischer Weise schneller und besser zu funktionieren als hergebrachte und crowd-sourced  basierte Textanalysemethoden und zum Teil auch Ideenplagiate zu erfassen. Lassen wir im Folgenden formale Details beseite und fragen nach den Leitgedanken der maschinellen Identifikation von Plagiaten. Den Rest des Beitrags lesen »


Der Fall Althusmann: Eine Einschätzung

Im Juli habe ich mich in einem kurzen Beitrag mit dem Fall des niedersächsischen Bildungsministers Bernd Althusmann befasst und angekündigt, mich nocheinmal näher damit zu befassen. Das möchte ich heute kurz tun.

Zur Erinnerung: Althusmann geriet durch ein von der ZEIT in Auftrag gegebenes Gutachten unter Verdacht, bei seiner mit „ausreichend“ bewerteten Dissertation an der Universität Potsdam massiv plagiiert zu haben. Die Vorgeschichte (mit Links zum Gutachten und den relevanten ZEIT-Artikeln) findet sich in meinem Beitrag vom Juli. Ende Juli setzte die Universität Potsdam eine Kommission ein, die die Vorwürfe prüfen soll und auf deren Urteil wir nun warten (die Themenseite auf Spiegel Online liefert einen guten Überblick über die Geschehnisse).

Ich kann natürlich nicht vorhersagen, wie die Potsdamer Kommission entscheiden wird, aber nachdem ich mich mit dem ZEIT-Gutachten ausführlich beschäftigt habe, kann ich immerhin eine  Einschätzung des Falles abgeben, von der ich denke, dass sie nicht völlig anders ausfallen wird. Den Rest des Beitrags lesen »


Plagiatoren sind noch nicht einmal Flachforscher

Martin Spiewak hat in der Zeit einen Artikel zu medizinischen Doktorarbeiten geschrieben und dabei einiges durcheinander gebracht. Dabei sind die Sachaussagen eigentlich richtig und es ist durchaus angebracht, über die Qualität medizinischer Doktorarbeiten zu streiten.

Die Fakten scheinen klar. Unter den Medizinern promovieren etwa zwei Drittel aller Absolventen. Viele offenbar mit recht mageren Arbeiten, die in Naturwissenschaften nichteinmal als Diplomarbeit anerkannt würden. Aus der Sicht von Natur-, Gesellschafts- und Geisteswissenschaftlern tragen viele Ärzte ihren akademischen Grad zu Unrecht. Sie haben keine besondere wissenschaftliche Leistung erbracht, die die Verleihung eines wissenschaftlichen Titels rechtfertigt. Den Rest des Beitrags lesen »


Chatzimarkakis Dissertation aus fachlicher Sicht

Das Chatzimarkakis über weite Strecken abgeschrieben hat wissen wir inzwischen. Deshalb wurde ihm auch sein Doktortitel aberkannt. Aber wie steht es eigentlich um die fachliche Beurteilung und hätte man es merken müssen, dass bei der Hälfte der Arbeit abgeschrieben wurde?  Da er seine Arbeit in Internationalen Beziehungen schrieb und noch dazu die Welthabdelsorganisation darin eine prominente Rolle einnimmt, habe ich sie mir bei mir im Blog einmal genauer angeschaut. Schliesslich ist das meine Spezialisierung. Das Resultat war ernüchternd. Hier geht es weiter zum Artikel.


Der VroniPlag-Gründer outet sich – was nun?

Gestern hat sich der VroniPlag-Gründer goalgetter im SPIEGEL öffentlich geoutet und DE PLAGIO, Themenblog zum Kampf gegen Plagiate, hat hier prompt reagiert: Anatol Stefanowitsch argumentiert dafür, daß es besser gewesen wäre, wenn goalgetter seine Anonymität gewahrt hätte. Ich bin nicht seiner Meinung und argumentiere dafür, daß wir nun eine neue Chance haben, die Gesellschaft in einem übertragenen Sinne wissenschaftlicher zu machen.

Bei MIND AT WORK weiterlesen…


VroniPlag und der Jäger der Toren

Gestern hat der Gründer der kollaborativen Plagiatdokumentation VroniPlag, bislang unter seinem Pseudonym Goalgetter bekannt, in einem Interview mit Spiegel Online seine bürgerliche Identität preisgegeben, nachdem in verschiedenen Internetforen sein Klarname genannt und er daraufhin von einem BILD-Reporter kontaktiert worden war.

Das war eine schlechte Idee, und zwar aus zwei Gründen: erstens, weil er seinen Gegnern — die im wesentlichen, aber nicht ausschließlich, aus den von VroniPlag enttarnten Betrüger/innen bestehen — damit eine Angriffsfläche bietet, zweitens, weil es nun schwerer wird, einer auf Personen und Persönlichkeiten fixierten Gesellschaft zu erklären, woher VroniPlag und das Vorläuferprojekt GuttenPlag ihre Autorität beziehen. Den Rest des Beitrags lesen »


… und führe mich nicht in Versuchung

Eine Studie in PoMo von Dierk Haasis (mit Gästen)

Was ist eigentlich ein Plagiat, und warum sollte es schlimm sein? Seit 30 Jahren recyclen wir Plastik, Glas, Papier, alles uninteressanter Schund verglichen mit den wichtigen geistigen Ergüssen von Studenten, Kandidaten, Doktoranden und Professoren. Dabei liest die meisten dieser Arbeit ohnehin nie wieder jemand. Da sollte es doch eine gute Idee sein, die besten Ideen und Formulierungen heraus zu picken und damit eigene Leistung zu emulieren.

Erwartet jemand, dass wir „Die Sonne ist rund“ als „Sonne, die rund ist“ schreiben, damit uns keine Suchmaschine findet? Was ist mit gleichen Sinnzusammenhängen, aber abweichenden Begriffen, Sätzen? Wenn wir Einsteins Relativitätstheorie durch andere Begriffe und Formelzeichen ersetzen, ist das ein Plagiat? Die Suchmaschine würde versagen. Aber ja: es wäre ein Plagiat. Den Rest des Beitrags lesen »


Dünne Bretter und dicke Bücher

In den Diskussionen um plagiierte und teilplagiierte Doktorarbeiten sowie den Wert eines Doktortitels an sich wurde und wird immer wieder das Argument bemüht, dass die Anforderungen an Dissertationen sehr unterschiedlich sein können. Besonders medizinische Doktorarbeiten werden dabei als minderwertige „Dünnbrettbohrarbeiten“ abgetan. Die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen sind unterschiedlich. Zum einen wird auf die gesellschaftliche Ungleichheit hingewiesen, die die Existenz von öffentlich getragenen Titeln erzeugt, andererseits die wissenschaftliche Entwertung des Doktorgrades beklagt. Ein Beispiel für ersteres findet sich in einem Posting aus dem Blog Bruchpfau:

Ein Arzt ohne Doktortitel ist seitens der Gesellschaft oft nur ein halber Arzt. Dies führt dazu, dass die meisten Medizinstudenten sich gezwungen fühlen zu promovieren. Das wiederum hat an den meisten Unis zur Folge, dass Mediziner oftmals nur die Hälfte an Text einzureichen brauchen als beispielsweise Geisteswissenschaftler. Die Universität Magdeburg zum Beispiel gibt für Mediziner ein Maximum von 60 Seiten vor. Ein Geisteswissenschaftler würde dies lediglich als Seminararbeit werten. […] Das Guttenberg-Syndrom scheint sich zu einem festen Bestandteil in unserer Welt zu manifestieren, wohl aber auch die Tatsache, dass offenbar kaum jemand sich die Mühe macht, darüber nachzudenken, warum es überhaupt da ist und wie es entstehen konnte. [Julia Jung: Das Guttenberg-Syndrom – Eine Folge unseres Leistungsbegriffs?!, 27.6.2011]

Diese Argumentation soll wohl das Gewicht eines Betruges in diesem Bereich relativieren oder, etwas raffinierter, die Motivation zum Erwerb eines Doktorgrades gesellschafts- und wissenschaftskritisch beleuchten: Der Druck der Gesellschaft auf bestimmte Berufsgruppen, mit einem Doktortitel aufzuwarten führe zu der Verlockung, sich einen solchen zu erschleichen. Den Rest des Beitrags lesen »


Der Fall Althusmann: Zwei Denkanstöße

Mit dem möglichen Plagiatsfall Althusmann haben wir uns bei DE PLAGIO noch nicht befasst, und eine ausführlichere Auseinandersetzung hat wohl auch noch etwas Zeit, da die Universität Potsdam mit der Prüfung der Vorwürfe gerade erst begonnen hat. Aber eine Zwischenmeldung ist vielleicht ganz sinnvoll, und der Fall Althusmann bietet außerdem einen Anlass für ein paar Denkanstöße. Fassen wir uns also zunächst den Fall bisher zusammen.

Am 6. Juli 2011 berichtete die Wochenzeitung DIE ZEIT erstmals von möglichen Unregelmäßigkeiten gegen den niedersächsischen Bildungsminister Althusmann. Der bezog noch am gleichen Tag Stellung und verwendete dabei eine Mischung von Guttenberg’schen („handwerkliche Fehler“) und Chatzimarkakis’schen  („damals bekannte Zitierstandards“) Formulierungen. Die Universität Potsdam kündigte am selben Tag an, Untersuchungen in diesem Fall aufzunehmen (wobei Althusman — auch ganz Chatzimarkakistisch — von sich aus um eine Überprüfung der Dissertation bat). Den Rest des Beitrags lesen »